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Eskorte in Pakistan: Fakten und Erfahrungsbericht 2023

In Pakistan erfahren wir eine völlig andere Art des Reisens, als wir es bisher gewohnt sind. Fremdbestimmt in einem Land zu reisen gibt es in vielen Formen, oft freiwillig (Pauschalreisen, All Inclusive-Hotels,..) und manchmal unfreiwillig wie eben eine Eskorte. In Begleitung der Polizei durch einen Teil eines Landes zu fahren, ist in manchen Ländern verpflichtend, wie auch in einem Teil von Pakistan. Wir haben uns diese Route freiwillig ausgesucht, doch unsere erste Erfahrung in einer Eskorte gehört für uns trotzdem zur Kategorie Abenteuer.


Fakten über die Eskorte


Was ist eine Eskorte?

Wir dürfen uns in dem Teil von Pakistan (Baluchistan) nicht frei bewegen, deshalb fahren wir in Begleitung bewaffneter Männer eine vorgegebene Straße, um sicher von A nach B zu kommen. Die Eskorte wird von der Levies Force und der Polizei durchgeführt, welche sich bei fast jedem Checkpoint abwechselt.

Die Levies Force ist eine paramilitärische Kraft, welche in den einzelnen Provinzen wirkt, um Grenzen zu sichern und den meist bewaffneten Schmuggel zu kontrollieren.


Warum brauchen wir eine Eskorte?

Die Regierung ist der Meinung, dass es in einem Bereich des Landes für Tourist*innen nicht sicher ist. In der jüngeren Vergangenheit wurden öfter Tourist*innen angeschossen oder auf der Straße ausgeraubt. Es gibt täglich gewaltsame Proteste der Bevölkerung gegen die Regierung. Deshalb stellt sie freiwillig eine gratis Eskorte, also Begleitung, zur Verfügung. Für uns ist das nicht freiwillig, sondern verpflichtend. Es gibt keine Möglichkeit, der Eskorte zu entkommen. Sobald man versucht, einen anderen Weg zu fahren, hat man nach 5 Minuten wieder einen Haufen bewaffneter Männer um sich, die einen wieder zur Hauptstraße begleiten.

Bei der Eskorte geht es natürlich nicht nur um unsere Sicherheit, sondern auch um die Unterdrückung der Menschen im Westen Pakistans. Der Bundesstaat Baluchistan ist der reichste, was Bodenschätze und natürliche Ressourcen angeht. Dabei ist die Bevölkerung dort am ärmsten. Die Regierung und das Militär wollen nicht, dass wir mit den Menschen in Kontakt treten und sie weiter an der Macht von oben Zweifeln lassen. Es geht also auch um Machterhalt. Ebenso haben wir mitbekommen, dass die Regierung Angst hat, bei uns weißen Touris könnte es sich um amerikanische Spione handeln.


Wo gibt es diese verpflichtende Eskorte?

Die Eskorte beginnt an der Taftan-Grenze zwischen Iran und Pakistan. Die Grenze weiter südlich ist nicht für Fahrzeuge, sondern nur für Personenverkehr geöffnet (z.B. Autostopper). Also ist Taftan gerade die einzige Möglichkeit, mit dem Auto vom Iran nach Pakistan einzureisen. Von der Grenze wird man direkt in die Hände der Polizei/Levies gebracht, damit diese die Eskorte starten können.

Grundsätzlich startet jeden zweiten Tag eine Eskorte, wenn aber genügend Autos bzw. Tourist*innen zusammenkommen, kann die Eskorte schon früher starten.

Von der Polizeistation an der Grenze wird man in ein oder zwei Tagen in die Hauptstadt von Baluchistan, Quetta, gebracht (eskortiert), wo sich die Hauptpolizeistation befindet. Dort bekommt man das NOC (No Objection Certificate), eine Bestätigung über die weitere Eskorte, die entweder nach Karachi oder nach Islamabad geht.

Die weitere Eskorte führte uns über Sibi in ein oder zwei Tagen bis Sukkur, wo wir auf den Highway Richtung Islamabad entlassen wurden. Vor kurzem ging die Route noch von Quetta direkt über den Highway nach Islamabad. Diese Route ist für Tourist*innen aus Sicherheitsgründen nun verboten. (Stand November 2023)

 

Das ist unsere Erfahrung mit der Eskorte in Pakistan


Die Ausreise aus dem Iran und die Einreise nach Pakistan verläuft problemlos und stressfrei. Unser Camper wird innen nicht einmal kontrolliert. Die Papiere müssen wir bei mehreren halbzuständigen Beamten herzeigen, die alle supergut drauf sind. Nach einem kurzen Interview über unsere Reisepläne sind wir auch schon in Pakistan. An der Grenze treffen wir auf Johanna und Stefan, die mit dem Rad aus Deutschland hierher gefahren sind.


 
 

Da angekommen werden wir sofort von einem Beamten am Motorrad in die 500m entfernte Polizeistation gebracht. In dieser Polizeistation, die auch als Gefängnis fungiert, warten schon zwei Franzosen. Danach stoßen auch unsere schweizer Freunde, mit denen wir im Iran durch die Wüste Lut gefahren sind, dazu und wir verbringen einen gemütlichen Abend mit Kartenspielen und Teetrinken neben den Inhaftierten hinter den Gefängnisgittern. Mit diesen Menschen werden wir die nächsten Tage und sogar noch Wochen verbringen. Wie das funktionieren soll, dass unsere Reisegruppe, bestehend aus acht freiheitsliebenden Menschen, die alle für mindestens mehrere Monate und sogar Jahre nur das machen, wonach ihnen der Sinn steht, in den nächsten Tagen von Beamten herumkommandiert werden, wird sich noch herausstellen. Wir werden alle unsere Zeit brauchen, uns an diese Art des Reisens zu gewöhnen und früher als uns lieb ist, in unsere Schranken gewiesen. Aber alles der Reihe nach.

Die Beamten sind alle schwer bewaffnet, nett und sehr interessiert. Am nächsten Tag sollte um neun Uhr die Eskorte durch die Levies starten.

Eine halbe Stunde wird noch herumgeschlichtet und auf das richtige Levies-Auto gewartet, die Räder der Deutschen draufgepackt und sie selbst bei uns auf die Rückbank gesetzt, dann fahren wir auch schon los. Man hat uns schon vor den schlechten Straßenverhältnissen gewarnt, weswegen wir den niedrigen Luftdruck, den wir noch wegen der Lut-Wüste hatten, nicht geändert haben. Das sollte sich als Fehler herausstellen, denn die Straßen sind wirklich super, haben fast Autobahnqualität. Nach 40-minütiger Fahrt durch die wüstenartige Landschaft halten die Levies an. Wir werden ermahnt, dass wir zu langsam fahren. Mit dieser Geschwindigkeit würden wir es nie nach Quetta schaffen, sagen sie. Wir erklären ihnen, dass unsere schnellstmögliche Geschwindigkeit 80km/h ist, daraufhin versuchen sie, uns nicht zu verlieren. Nach weiteren 100km muss wieder gehalten werden, da der Keilriemen beim schweizer Van gerissen ist. Wir nutzen die Pause, um unsere Reifen aufzupumpen und nach kurzer Pause und mit neuem Keilriemen geht’s weiter.


 
 

Es stehen Kamele am Straßenrand. An uns fahren Pickups, beladen mit sandigen blauen Fässern, vorbei. Das sind die Dieselschmuggler, die den günstigen iranischen Diesel im pakistanischen Teil von Baluchistan verkaufen. Wir sehen kaum Menschen, in der Ferne wachen manchmal Schäfer über Ziegen, dahinter bilden sich Windhosen im Sand. Die Wüstenlandschaft ist weit und scheinbar unberührt.


 
 

Wir passieren mehrere Checkpoints, das sind Polizeikontrollen am Ende eines Bezirkes. Dort müssen wir jedes Mal unsere Reisepässe und Visa vorzeigen und den interessierten Beamten erklären, warum wir Pakistan bereisen wollen, die Räder der Radfahrer auf einen anderen Pickup umladen und manchmal einen Tee trinken. Dann werden unsere Pässe per Whatsapp irgendwohin geschickt oder unsere Daten schriftlich in ein Heft eingetragen. Immer müssen wir erklären, dass wir nicht aus Australien kommen. Oft sagen wir dann einfach ja, zu dem Land, das sich wie unseres anhört, wenn wieder ein Polizist ganz erstaunt ausruft: „Australia! Beautiful country!“


 
 

Wir schlafen an diesem ersten Tag in keiner Polizeistation, weil unsere drei Camper nicht alle durch das Tor in den Innenhof passen. Die Nacht dürfen wir im Garten eines mit Stacheldraht eingezäunten Anwesens eines Mannes aus dem Militär oder der Polizei parken. Nachdem auch er unsere Reisepässe und Telefonnummern händisch auf ein Blatt Papier übertragen hat, fragt er uns noch, ob wir irgendetwas brauchen. Wir haben uns alle gut auf die Eskorte vorbereitet und im Iran unsere Lebensmittelvorräte aufgestockt, also gibt es eigentlich nichts, was wir brauchen. Zögerlich und mehr zum Spaß sagt unser schweizer Freund, dass Bier gut wäre. Daraufhin lacht der hochrangige Beamte und meint, dass wir Gäste in seinem schönen Land sind, und für Gäste gibt es alles. Er selbst kann kein Bier trinken, doch wir sind keine Muslime, also sind wir frei. Sein Assistent besorgt daraufhin für jede Person ein eisgekühltes Bier. Irgendwo in Baluchistan zwischen Iran und Pakistan, zwei muslimischen Ländern, in denen Alkohol streng verboten ist. Das hätten wir uns niemals erwartet. Während es im Iran sogar nicht einmal einen Schwarzmarkt für Alkohol gab, gibt es hier in Pakistan anscheinend irgendwo nicht allzu weit weg von diesem Dorf einen Ort, wo kühles Bier der einzigen Brauerei in Pakistan darauf wartet, von Menschen mit nicht-muslimischem Glauben getrunken zu werden. Daraufhin ist die Stimmung nach diesem langen Fahrtag wieder gehoben, wir projizieren einen Kinofilm auf die Mauer unter dem Stacheldraht und schauen gemeinsam fern. Fast fühlen wir uns sogar „frei“, so wie unser Gastgeber es uns gesagt hat, wenn hinter uns nicht diese fünf Männer mit Maschinengewehren stehen würden.


 
wir projizieren einen Kinofilm auf die Gefängnismauern
Kinoabend in Baluchistan
 

Am nächsten Tag steht wieder pünktlich um neun Uhr ein Levies-Pickup bereit, um die Räder darauf zu laden und loszufahren. Nach 500 Metern kommen wir schon zu dem ersten Checkpoint und das Prozedere beginnt von neuem: Räder umladen, Pässe herzeigen, Austria not Australia, Gruppenfoto! Hier in Baluchistan gibt es dank der vielen Schmuggler noch iranischen Diesel, welcher um 30 Prozent günstiger ist als pakistanischer. Wir sind froh, so ein altes Auto zu haben, denn so können wir problemlos den schwefelhaltigen Diesel tanken und viel Geld sparen.

 
 

Wir fahren jetzt nicht mehr nur durch kaum besiedelte Wüstenlandschaft, sondern es liegen Dörfer, einfache Sandsteinmauern oder Lehmhütten, am Weg. Jeder Mensch auf der Straße hält seine Arbeit an, Kinder unterbrechen ihr Spiel und Schafhirten heben ihren Kopf, wenn wir vorbeifahren. Das Lächeln der Menschen ist herzlich, fragend und ungespielt.

An diesem Tag wird das Begleitfahrzeug der Eskorte unzählige Male gewechselt. Irgendwann stehen keine Pickups mehr da, sondern Autos und später nur noch Motorräder. Zum Glück passen die beiden Räder der Deutschen auch bei uns in den Bus rein, sonst hätten sie selbst fahren müssen und wir wären nicht mehr in Quetta angekommen. Unser Bus ist bis obenhin vollgeladen mit Taschen, Rädern und unseren zwei Freund*innen. So können wir bei den vielen Checkpoints wenigstens etwas Zeit sparen. Mit jedem Checkpoint wird die Stimmung unserer Zwangsreisegruppe gereizter. Unsere Freiheit rückt gefühlt mit jeder Minute, in der wir Rede und Antwort stehen müssen, weiter in die Ferne. Desto näher wir der Hauptstadt Quetta kommen, desto öfter gibt es einen Wechsel der Begleitung.


In der Dunkelheit erreichen wir die Hauptstadt. Die Straßen sind überfüllt und auf der einzigen Hauptstraße gibt es einen Protest. Diesmal sind wir zum ersten Mal froh über unsere Begleitung. Sie versuchen uns eng zusammenzuhalten, ein bewaffnetes Motorrad fährt vor unserer Kolonne, eines dahinter. Es ist schwer, zusammenzubleiben, da gerade alle versuchen, der Demonstration auszuweichen und sich Autos, Motorräder, Tiere und Fußgänger auf der Straße vorwärtsdrängen. Irgendwann in der Nacht erreichen wir endlich die Hauptpolizeistation. Wir dürfen Essen bestellen und in dem gesicherten Bereich der Polizeistation, der wie eine Müllhalde aussieht, in unseren Autos schlafen.


 
unsere achtköpfige Zwangsreisegruppe in der Eskorte
Zwangsreisegruppe
 

Am nächsten Tag werden wir in einem Polizeiauto zum Büro gebracht, wo wir unser NOC bekommen. Am Weg dorthin bleiben wir sogar bei einer Bäckerei stehen. Das Beste daran: wir können hier wieder einfach mit Karte bezahlen!


 
Dankbar, dass wir diese Menschen dabeihatten.
im Polizeiauto
 

Als wir unser NOC haben, müssen noch ein paar Sachen in der Stadt erledigt werden: Simkarten kaufen, Gemüse kaufen und Geld abheben. Und das wird genau in dieser Reihenfolge erledigt, obwohl wir mehrmals darauf insistieren, dass wir zuerst Geld abheben wollen, weil wir sonst die anderen Dinge nicht bezahlen können. Hier beginnt, diese Eskorte chaotisch zu werden. Unser Konvoi fährt zweimal quer durch die Stadt, ohne Ziel und Plan. Die Radfahrer*innen müssen durch den Trubel sogar selbst hinter dem Begleitfahrzeug hertreten.


 
 

Als wir am Nachmittag wieder bei der Polizeistation sind und nichts von den Dingen erledigt haben, beginnen die ersten von uns unruhig zu werden. Der Beamte schlägt vor, noch eine Nacht hier zu schlafen. Zuerst wird erklärt, dann gefahren, dann gebrüllt und schlussendlich die Organisation von uns acht Reisenden übernommen. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem unserer achtköpfigen Zwangsreisegruppe die Nerven durchgehen. Sogar den gemütlichsten Gemütern unter uns rutschen laute und böse Worte heraus. Die Beamten sind ratlos, verstehen die Aufregung nicht, verstehen nicht, dass wir ums Brechen und Biegen nicht in ihrer "schönen" Stadt bleiben wollen. Wir teilen uns auf und eine kleine Gruppe fährt in einem Camper mit einem Beamten los, um die Dinge zu erledigen, zu denen wir in den nächsten Tagen nicht kommen werden.

Als dann die Simkarten und das Geldabheben erledigt waren, sollten unsere Radfahrer*innen zum Busbahnhof gebracht werden. Wir verabschieden uns im Trubel eines Marktes zwischen Bananen- und Mandarinenschalen. Sie wollen den öffentlichen Bus bis Islamabad nehmen und hoffen, es so vor uns zu schaffen. Das stellt sich als eine falsche Hoffnung heraus, aber das ist eine andere Geschichte.


Als die Sonne beginnt, rot zu werden, fahren wir immer noch sinnlose Kreise in dieser überfüllten Stadt. Jetzt ist der Moment gekommen, wo René den Beamten erklärt, was wir jetzt machen: "Wir verlassen diese Stadt jetzt!" Ein Wunder geschieht und wir führen tatsächlich heute noch unsere Eskorte Richtung Islamabad fort. Wir glauben es selbst nicht, aber wir lassen die Stadt langsam hinter uns. Am Weg raus wechselt das Begleitfahrzeug fünf Mal, weswegen bei einem Wechsel untergegangen ist, dass wir nach Islamabad und nicht nach Karachi wollen. Zum Glück hatten wir unser Navi eingeschaltet und können so die letztmögliche Abfahrt in die richtige Richtung nehmen. Bei Sonnenuntergang drehen wir also nochmal einen Halbkreis um Quetta, bis wir erleichtert die Stadt und das Chaos hinter uns lassen. Heute sollte noch ein anstrengender „Fahrtag“ auf uns warten. Die Begleitfahrzeuge haben es sehr eilig, uns bis zum Ende zu eskortieren, weswegen wir waghalsige Überholmanöver durchführen. Dann bleiben wir wieder stehen, um das Fahrzeug zu wechseln, wo alle LKWs, die wir gerade überholt haben, wieder schön an uns vorbeifahren. Wenigstens geht der Fahrzeugwechsel jetzt schneller, da wir nur noch das NOC vorzeigen müssen und seltener unsere Pässe und Visa. An diesem Tag fahren wir noch lange, am Weg gibt es einen Unfall und eine Straßensperre. Wir fahren durch Landschaften, die am Tag unglaublich schön wären, hohe Canyons und sandige Flussufer.


 
 

In dieser Nacht, die wir Großteils hinter Motorrädern und Pickups herfahren, versuchen wir uns im Linksverkehr zurechtzufinden. Wenn das Lenkrad auch auf der linken Seite und es dunkel ist, werden Überholmanöver zu einem nervlichen Drahtseilakt. Irgendwann in der Nacht parken unsere drei Camper schließlich in einer Polizeistation in Sibi. Wir sind wieder Tür an Tür mit den Gefangenen.

Die sind hier, weil sie kein Geld haben, wir sind hier, weil wir Geld haben. Hier finden verrückte Lebensgeschichten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, an einem vergitterten Ort zusammen, vereinen sich kurz und trennen sich am nächsten Morgen wieder.


 
 

Am nächsten Tag geht es sogar noch schneller. Es gibt weniger Wechsel und die Straßen sind gut. Unsere Kolonne aus gemütlichen Langzeitreisenden ist fast gleich langsam im Wegkommen, wie die Pakistani, also können wir es ihnen nicht verübeln, wenn mal etwas länger dauert. So schaffen wir es zu Mittag doch endlich nach Sukkur, wo wir in die Freiheit entlassen werden sollen.

In Sukkur fahren wir zuerst bei der Busstation und unseren deutschen Radfahrer*innen vorbei. Anstatt in einem Bus auf direktem Weg nach Islamabad zu sitzen, mussten sie noch die halbe Nacht darum kämpfen, Quetta überhaupt verlassen zu dürfen, um nach einer nächtlichen Busfahrt dann am Busbahnhof in Sukkur unsere Camper-Kolonne an ihnen vorbeifahren zu sehen. Kurz danach trauen wir unseren Augen nicht, als wir einen sehr deutsch aussehenden Autostopper an der Straße stehen sehen. Er wird von einer Menschentraube umzingelt, aus der er sich herausreißen muss, um seine Freude, uns vorbeifahren zu sehen, ausdrücken zu können. Er will nicht mit dem öffentlichen Bus fahren, weil er schon den ganzen Weg von Deutschland bis hierher per Anhalter gefahren ist. Die Beamten wollen das nicht verstehen und fangen ihn drei Mal am Tag ein, bevor er endlich bei uns unterkommen kann. Der letzte bewaffnete Begleiter, der auf der Ladefläche des Pickups vor uns fährt, ist der glücklichste. Er lacht die ganze Zeit und versucht zu verstehen, wie es sein kann, dass gerade seine Schützlinge einen anderen Touristen mit der gleichen Sprache aufgabeln und jetzt zu dritt anstatt zu zweit fahren. Das alles bei aktuell 49 Tourist*innen, die sich zu der Zeit in Pakistan aufhalten!


 
wir nehmen einen Autostopper aus Deutschland mit
mit Dominik, dem Autostopper
 

So findet diese Eskorte einen schönen Abschluss, als wir in Sukkur auf den Highway entlassen werden. Wir sind jetzt frei, sagen sie uns und wir glauben ihnen noch, als wir winkend auffahren.

Der Highway ist neu, fast besser als in Österreich, dreispurig und ziemlich leer. Es gibt alle 80km eine riesige Raststation, die alle gleich aussehen. Abfahrten gibt es kaum. Als wir nach etlichen Fahrstunden abfahren und eine Pause machen, haben wir nach kurzer Zeit wieder zehn Polizisten mit schweren Waffen um uns herum, die von einem „safety problem“ sprechen. Sie drängen uns dazu, weiterzufahren und nur auf den ganz großen Raststationen zu bleiben. Das sollte also dieses „freie“ Reisen in Pakistan sein. Wir fahren an diesem Tag insgesamt 480km. Das ist mit Abstand neuer Streckenrekord. Am Abend treffen wir uns wieder mit den anderen Campern aus unserer Eskorte und wir verbringen die Nacht gemeinsam auf einer riesigen, leeren Raststation, wo es zumindest warme Duschen gibt. Die letzte hatten wir in Zahedan, am Tag vor unserem Grenzübertritt.

Langsam gehen unsere Lebensmittelvorräte zu Ende, auf dem Highway gibt es keine brauchbaren Lebensmittel. Wir wollen und müssen diese Strecke also schnell hinter uns bringen. Am nächsten Tag fahren wir wieder von früh bis spät. Die Landschaft ist grün und die Luft feucht und nebelig.


 
 

Wir fahren auf der Autobahn durch viele kleine Dörfer, die durch die neue Autobahn zweigeteilt wurden. Links und rechts von uns strecken sich grüne Felder bis in den tiefen Nebel hinein. Landwirtschaft wird mit Hilfe von Büffel und viel Handarbeit betrieben. Gerade ist Zuckerrohr-Ernte und die Büffelwägen sind schwer beladen. Die Landschaft sieht ganz anders aus, als wir sie bisher je gesehen haben. Saftig grüne Felder, weißer Nebel, dazwischen Palmen und tropische Bäume.

Bei der Raststation für diese Nacht riechen wir drei schon Diesel im Bus. Wir haben unseren gestrigen Streckenrekord nochmal um 20km überboten, das hat eine Leitung zerstört und im ganzen Motorraum, der sich in der Fahrerkabine befindet, Diesel verteilt. Die Leitung kann zum Glück dank freundlicher Werkstattmitarbeiter schnell wieder repariert werden und wir können diese Raststation mit internationalen Restaurantketten richtig genießen. Eigentlich mag von uns niemand das Essen von McDonald’s, aber nach so langer Abstinenz internationaler Fast-Food-Ketten, fühlt es sich fast wie Freiheit an, als wir unsere Burger mit Karte bezahlen. Außerdem hat sich schon in Quetta unsere halbe Reisegruppe eine Magen-Darm-Verstimmung eingefangen und diese internationalen Ketten sind zur Zeit die einzigen Restaurants, denen wir vertrauen.

Am nächsten Tag fahren wir die letzte Bergetappe durch die grünen Hügel und Berge und erreichen am Nachmittag Islamabad.


 
Autobahn durch die Berge nach Islamabad
Bergstraße bis Islamabad
 

Hier gibt es kein „safety problem“ mehr, keine Polizisten, die unsere Pässe sehen wollen und auf den Märkten alles, was das Herz begehrt. Mit unserer anfänglichen Zwangsreisegruppe treffen wir uns immer noch täglich, um gemeinsam die Abende und Nächte zu verbringen, das sollte noch länger so bleiben. Hier sind wir froh, andere Menschen um uns zu haben, die uns verstehen. Zunächst genießen wir alle unsere lang ersehnte Freiheit sehr, erkunden die grüne Umgebung Islamabads und kommen ein paar Tage runter von dem Stress der letzten Woche.


 

Eskorte + Highway von Sukkur bis Islamabad: 1995km


Routenverlauf der Eskorte und der Straße nach Islamabad
Route der Eskorte und der Straße nach Islamabad

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