Wir verlassen Palermo am Abend und begeben uns auf den Weg nach San Vito Lo Capo. Es ist schon sehr spät und wir suchen uns einen Schlafspot am Meer, welcher von Einheimischen auch zum Fischen verwendet wird. In der Früh fahren wir weiter. Die Landschaft dorthin überrascht uns mit den vielen Bergen, der atemberaubenden Küste und dem türkisblauen Meer. In San Vito Lo Capo angekommen, spazieren wir durch die Stadt und kaufen in einem kleinen Geschäft einen Kletterführer von Sizilien, welcher uns zu unserem ersten Übernachtungsplatz und später durch ganz Sizilien führt. Wir erreichen am Stadtrand einen Schotterweg, wo wir am Ende schon einen Parkplatz mit einigen Campern sehen. Wir entscheiden uns trotz Matsch, den ersten Parkplatz zu passieren und den nächsten, ruhigeren anzupeilen. Nach einigen Rangiermanövern haben wir die perfekte Position gefunden, neben den Felswänden und mit Meer im Vorgarten. Der Abend bringt uns noch einen atemberaubend schönen Sonnenuntergang.
Am Tag klettern wir bei Traumwetter und in der Nacht bestaunen wir den Sternenhimmel und erkunden die fremden Meeresbewohner*innen. Neben Seegurken sehen wir viele Krebse, Seeigel in allen Farben und Größen und auch einen Seehasen. Die Sonnenuntergänge über dem Meer lassen uns jeden Tag sprachlos zurück und wir beobachten den roten Mond beim Aufgehen. Wir genießen es sehr, mal wo zu sein.
Nach ein paar erfolgreichen Klettertagen bei Traumwetter wird die Stadt weiter erkundet, um Lebensmittel zu kaufen und Wäsche zu waschen. Hier scheint wohl nur in der Hauptsaison einiges los zu sein und so finden wir vorwiegend ruhige Gassen und einen leeren schönen Strand. Im Stadtkern haben dann doch noch einige Lokale offen und wir genießen ein paar sizilianische Spezialitäten. Die folgenden Tage bringen wieder warme Temperaturen und Traumwetter. In der Früh parken oft Fischer in der Nähe unseres Buses und sie geben uns frisch gefangene Seeigel, zu denen wir bei der Freundlichkeit nicht nein sagen können. Wir freunden uns auch mit den Kühen an, die jeden Tag in der Früh bei uns vorbeiziehen und uns mit ihren Glocken wecken, und mit dem Bauern und seinem Hund, die sie am Abend wieder in die andere Richtung treiben.
Nach weiteren erfolgreichen Klettertagen beschließen wir, weiterzuziehen und bleiben am Weg noch bei dem Tennisplatz stehen. Die Abenddämmerung lässt uns vermuten, dass wir nur noch ein paar Bälle spielen können, als plötzlich automatisch das Flutlicht am Sportplatz angeht und Tennis-, Basketball- und Fußballplatz hell beleuchtet werden. Wir freuen uns und verlängern die Tennissession. San Vito Lo Capo ist auch im Winter schön aber wahrscheinlich tausendmal ruhiger als im Sommer.
In dieser Nacht ziehen heftige Sturmböen auf und wir kommen uns vor wie in einem kleinen Autodrome auf unserem Parkplatz am Klippenrand. In der Nacht sind wir uns nicht sicher, ob es den Bus über die Klippe blasen kann, aber mit Ohropax schlafen wir doch gut. In der Früh legt sich der Wind etwas und wir fahren noch einen letzten Kletterspot in der Nähe an. Dieser befindet sich direkt bei einem Campingplatz. Wir fragen nach dem Preis einer Dusche und bekommen als Antwort: „It‘s for free until May“. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und wir genießen eine lange, warme Dusche, die erste seit langer Zeit. Frisch geduscht geht es weiter nach Trapani zu einem Übernachtungsplatz am Meer. In den nächsten Tagen ist etwas wechselhaftes Wetter und Regen angesagt und wir entscheiden uns, diese Tage zu nutzen, um weiter in den Süden zu fahren. Hier blühen gerade überall Kakteen und Sukkulenten.
Am Weg machen wir einen kurzen Stopp in Agrigento und bewundern die gut erhaltenen griechischen Tempel. Wir fahren nach der Besichtigung weiter und wählen einen Spot am Meer mit schönem Sandstrand aus, welchen wir für Acro Yoga und zum Baden nützen.
Das Wasser ist noch etwas kühl, doch nach dem Sprung ins Meer sind wir in der Sonne schnell aufgewärmt. Hier sehen wir hunderte blühende Agaven. Die Blütenstämme werden mehrere Meter hoch. Eine Agave blüht nur einmal in ihrem Hundertjährigen Leben, nach der Blüte stirbt die Pflanze.
Der nächste Tag startet mit starken lokalen Regenschauern, welche sich auf der Straße bemerkbar machen und diese zum Teil zu kleinen Seen werden lässt.
Gegen Abend erreichen wir unseren nächsten Schlafspot, wie schon öfters fehlt hier auch wieder ein Stück Straße und die letzten Meter fahren wir auf einer Schotterstraße steil bergab in die Schlucht „Cava d’Ispica“.
Die letzte Kurve ist uns fast zu steil und eng. Wir meistern diese zum Glück noch und finden einen kleinen geraden Platz zum Parken vor. In der Nacht ist uns noch nicht bewusst, wie schön dieser Platz hier ist. Wir hören Eulen und auch einen Esel schreien. Wir wachen in der Früh bei Sonnenstrahlen in der Cava d‘ Ispica auf.
Die Schlucht ist vom Telefonnetz abgeschottet und wir genießen die Ruhe. Es gibt hier schöne Kletterrouten und wir entscheiden, beeindruckt von der Schlucht, auch eine Wanderung weiter hinein zu machen. Hier entscheiden wir, langsamer zu reisen und legen unsere Reiseroute durch den Iran und Pakistan fest.
Am Abend fahren wir weiter nach Noto und wir erkunden die Stadt bei Nacht und genießen wieder einige sizilianische Spezialitäten. Spät in der Nacht geht’s dann noch weiter an den Stadtrand von Avola. Beides Städte mit langem historischen Hintergrund. Am Morgen begeben wir uns auf die Räder und erkunden auch diese Stadt.
Nach der Erkundung fahren wir weiter Richtung Siracusa. Wir halten gegen Abend an einem Parkplatz am Meer kurz vor der Stadt. Das Wasser ist so blau, dass man hineinspringen muss.
Hier geht der Vollmond groß und rot direkt vor uns über dem Meer auf. Siracusa erreichen wir gegen späten Nachmittag und wir nehmen einen gebührenpflichtigen Parkplatz in der Nähe der Altstadt. Die Altstadt hat uns gleich in ihren Bann gezogen und wir verlängern die Parkuhr, um noch mehr Gassen und Winkel zu erkunden.
Gegen späten Abend fahren wir noch aus der Stadt und in die Nähe von Canicattini Bagni. An diesem Platz bleiben wir wegen der tollen Klettermöglichkeiten für drei Nächte und fahren dann weiter zu einem Parkplatz bei Pantalica, „Die Totenstadt“. Wir erkunden die Gräber und entdecken am zweiten Tag eine durch ein Hochwasser zerstörte Plantage. Am Boden vergammeln bereits einige Orangen. Nach einem kurzen Test, ob die Orangen süß sind, schlagen wir uns den Bauch damit voll. Der Boden ist so überfüllt, dass wir auch noch einige in unseren Rucksäcken mitnehmen und unseren Vitaminvorrat für die nächsten Tage auffüllen. Schlussendlich haben wir kiloweise Blutorangen, Organgen, Grapefruits und Zitronen ergattert. Erst in Albanien pressen wir die letzten Orangen aus Pantalica. Nach einem dritten Tag Höhlen-Besichtigen geht’s weiter zu einem Parkplatz in der Nähe von Buccheri. In der Früh begeben wir uns hinab in eine weitere Schlucht zu einer Grotte und werden von steilen überhängenden Wänden begeistert. Am zweiten Tag beenden wir den Klettertag etwas früher und legen einen kleinen Berglauf hin für einen Sonnenuntergang mit Blick auf den Etna.
Dieser Berg erscheint schon früh bei unserer Reise durch Sizilien am Himmel, so nahe waren wir ihm aber noch nie. Wir sind uns sicher, dass wir da rauf wollen.
Diesen Sonnenuntergang genießen wir mit einem kühlem Bier. Der Abstieg wird zum Bergablauf, da die Stirnlampen wiedermal im Bus liegen. In der Früh räumen wir den Bus etwas zusammen, waschen die Scheiben zum ersten Mal und machen uns auf den Weg nach Catania, der Stadt am Fuße des Etna. Wir kommen gegen Abend an und nehmen uns zur Sicherheit einen günstigen bezahlten Parkplatz am Stadtrand. Die Motivation ist noch groß und wir entscheiden uns, zu Fuß in die Stadt zu gehen, um das Nachtleben zu erkunden. Im Stadtzentrum entdecken wir eine kleine belebte Straße mit Bars. Wir bestellen uns zwei Getränke und leckere Antipasti, Kartoffeln mit Käse und Sauerrahm.
Am nächsten Morgen bereiten wir unsere Räder für die Stadt vor und erkunden diese auch tagsüber. Wir sehen Parks, kleine spannende Gassen, das Kunstviertel Bollina, besuchen die Universität und den Strand, der aus schwarzen , scharfen Vulkanfelsen besteht. Catania wird als „schwarze Stadt“ bezeichnet, weil sie auf Vulkangestein gebaut wurde. Am Weg zurück zum Parkplatz machen wir noch einen Stopp bei einer Bäckerei und suchen uns ein paar Leckereien heraus. Der Tag endet wieder einmal schneller als gedacht und die Fahrt zurück findet im Dunklen statt.
Den nächsten Tag nützen wir für die Anreise auf den Etnaparkplatz beim Hotel La Cantoniera auf ca. 2000m. Wir entschleunigen unseren Bus bergauf noch etwas mehr, um Sprit und Ölverbrauch zu reduzieren. Oben angekommen, haben wir eine wunderschöne nächtliche Aussicht über Catania und eine perfekte Wetterprognose für den morgigen Gipfeltag. In der Früh begrüßt uns die Sonne und wir starten motiviert unsere Etna-Gipfeltour. Am nächsten Morgen denken wir zuerst an einen Ruhetag, doch es ist Wochenende und ein Touristenbus nach dem anderen parkt neben uns. Wir sind eine Attraktion bei den Pensionist*innen und führen nette Gespräche mit deutschen Urlauber*innen. Gegen Mittag entscheiden wir uns kurzfristig noch für eine Mehrseillänge am Etnafuß auf ca. 1400m, beim Zustieg liegt noch Schnee. Nach der Tour geht’s gleich weiter zu unserem nächsten Kletterspot und wir kommen am Weg dorthin bei einem Lokal vorbei, das uns von Außen schon begeistert. Wir und der Hunger entscheiden uns dazu, einen Blick hineinzuwerfen. Im Inneren des Lokals sind wir so begeistert, dass wir uns dafür entscheiden, bis zur Öffnung um 20:00 Uhr zu warten und am späten Abend genießen wir leckere Köstlichkeiten und Etna-Wein.
In der Früh peilen wir ein weiteres Basaltklettergebiet an, wo wir den Bus neben einem Gewächshaus im oberen Teil der Schlucht parken, da die weitere Straße eine Steigung von ca. 35 Grad hat. Nach einem erfolgreichen Tag fahren wir nach Taormina, wo wir direkt am Strand parken. Hier bleiben wir für mehrere Tage und verbessern am Strand unsere Acro Yoga Skills. An einem Tag kommen wir vom Parkplatz fast nicht weg, da uns das Paar unseres Nachbarwohnmobils frisch gekochtes Essen und dann auch noch Schnaps anbietet, was wir dankend annehmen. Mit den Rädern erkunden wir den Ort und bekommen bei einer Bäckerei Croissants mit einer riesigen Nougatfüllung.
Nach einigen Tagen machen wir uns auf den Weg zu unserem letzten Spot in Sizilien, wo wir in Milazzo bei einem Pärchen von Couchsurfing zum Essen eingeladen sind. Es gibt leckere Spaghetti und in der Früh ein Bad im Meer, das letzte Mal auf Sizilien. In der Früh geht’s nach Messina zu unserer Fähre, die uns wieder ans italienische Festland bringt, auf der Strecke gibt es noch einen Autogrill mit gratis Dusche. In Messina erwischen wir gegen Abend eine Fähre nach Villa San Giovanni und fahren dann noch ein Stück Richtung Nordosten.
Nach einem ausgiebigen Frühstücksbrunch entscheiden wir, die Fähre nach Vlora, Albanien, an diesem Tag in Brindisi noch erwischen zu wollen. Die nächste Fähre würde ansonsten zwei Tage später fahren. Plötzlich haben wir Sehnsucht nach einem anderen Land, wollen weiterkommen, endlich Richtung Osten fahren. Gegen Abend erreichen wir rechtzeitig den Hafen und kaufen unsere Tickets günstig vor Ort. Wir wissen nicht wie, aber wir sind zufällig das erste Fahrzeug, welches mit der Unterstützung von fünf Hafenmitarbeitern aufs Schiff verladen wird. Mit ca. einer Stunde Verspätung verlassen wir Italien und freuen uns auf Albanien, wo wir rechtzeitig zu Sonnenaufgang ankommen.
Etappe 3: 1367 km
Bisher gesamt gefahren: 3012 km
so viel Bekanntes aus Sizilien, nur eben mit anderen Augen gesehen - das macht doppelt Spaß, Euch zu stalken ;-) Wir sind schon neugierig, wie es bei Euch weiter geht!